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Fachliche Unterstützung bei der digitalen Transformation – ein Interview mit Prof. Claus Oetter vom VDMA e.V.

„86 Prozent der Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau haben weniger als 250 Mitarbeiter. Damit ist die Branche stark mittelständisch geprägt.“ (Quelle: VDMA) Diese Unternehmen brauchen und erwarten einen starken Partner, wenn es um Modernisierungs- und Digitalisierungsprojekte geht. Der VDMA ist daher die ideale Anlaufstelle für die Fertigungsunternehmen.

Über die Hemmschwellen der digitalen Transformation ist viel gesprochen worden, doch eines scheint zu überwiegen: Fehlende Fachkräfte und Kenntnisse erschweren den Einstieg in Industrie 4.0 erheblich. Daher setzt der VDMA auf eine umfassende und tiefgreifende Beratung und empfiehlt die Zusammenarbeit mit IT-Anbietern, die das notwendige Branchen- und Spezialwissen mitbringen.

Digitalisierung und Automatisierung in KMUs

Prof. Claus Oetter ist Geschäftsführer des Fachverband Software und Digitalisierung und Leiter der Abteilung Informatik beim VDMA e.V. und steht uns für dieses Interview zur Verfügung.

Die Themen Modernisierung und Digitalisierung begleiten die Industrie nun schon ein paar Jahre, denn im weltweiten Vergleich hinkt Deutschland spürbar hinterher – vor allem bei kleinen und mittelständischen Betrieben herrscht Nachholbedarf. Wie ist hier Ihre Einschätzung?

Prof. Claus Oetter: Im Vergleich mit den verschiedenen Industriebranchen in Deutschland sieht es im Maschinenbau gut aus. Natürlich sind die größeren Unternehmen im Schnitt schon etwas weiter vorne als die typischen KMUs, aber auch hier wurde in der Corona-Zeit viel investiert, um die eigene Digitalisierung voranzutreiben.

Die Umsetzung und Administration von Digitalisierungsprojekten und -anwendungen erfordert Fachpersonal – hier besteht ein großer Mangel. Sehen Sie die digitale Transformation daher als gefährdet an, weil trotz modernen Technologien und leistungsstarken IT-Infrastrukturen der Mensch noch immer eine entscheidende Rolle spielt?

Prof. Claus Oetter: Der Mensch wird immer die entscheidende Rolle bei Modernisierungsmaßnahmen spielen, und ja, das Thema Fachpersonalmangel ist ein Engpassfaktor mit dem sich alle Unternehmen auseinandersetzen müssen. Daher greifen viele KMUs auf Softwareunternehmen zurück, die sich im Umfeld der Digitalisierung auskennen und sich gerade auf kleine und mittelständische Unternehmen spezialisiert haben. Dadurch ist eine Unterstützung auf Augenhöhe möglich.

Bleiben wir beim Menschen im Kontext von Modernisierung und Industrie 4.0 – wie werden sich Arbeitsfelder und Produktionsprozesse in den kommenden 5 bis 10 Jahren Ihrer Meinung nach verändern und welche Rolle und Funktion hat der Mensch dann?

Prof. Claus Oetter: In der Industrie gibt es seit Anbeginn der Automatisierung immer wieder Veränderungen in Arbeitsabläufen, Strukturen sowie Fähigkeitsprofilen. Dies ist nichts Neues. Die Tools, mit denen wir arbeiten müssen, verändern sich. Dies ist aber gleichzeitig eine riesige Chance. In Zukunft können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel mehr ihr eigenes Prozesswissen einbringen und sich darauf konzentrieren. Wir werden viel weniger Zeit in Lehrgänge und Dokumentationen von neuen Produktionssystemen investieren müssen, da die Handhabung viel dichter an den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Bedienerin bzw. des Bedieners liegen werden.

© VDMA e.V.

Automatisierungen, Robotik und die ersten Konzepte aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz führen zwangsläufig dazu, dass menschliche Arbeit bzw. Arbeitskraft nicht mehr überall erforderlich ist. Wird es in der Produktion neue Berufe geben oder denken Sie, dass sich Politik und Gesellschaft generell Gedanken über neue Arbeits- und Lebensmodelle machen müssen?

Prof. Claus Oetter: Seit Beginn der Automatisierung und dem Einzug von Robotern wird von dem Verdrängen des Menschen als Arbeitnehmer in der Industrie spekuliert. Das ist bisher allerdings nicht passiert und wird auch in Zukunft nicht passieren. Sicherlich ändern sich die Arbeitsbedingungen und die notwendigen Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber die Kreativität und Flexibilität des Menschen ist unübertroffen. Schauen Sie sich die Anpassungsfähigkeit bei der Digitalisierung im privaten Umfeld an, hier funktioniert es ausgezeichnet. Ich sehe keinen Grund, warum es nicht auch im Berufsleben machbar sein sollte. Und ja, es wird natürlich neue Berufe geben, aber auch dies ist nichts Neues. Wir werden viel mehr mobil arbeiten können, die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass auch dies machbar ist und sehr gut funktioniert.

Welche Rolle hat der VDMA in diesem Kontext und in welchem Bereich leisten Sie aktuell verstärkt Forschungs-, Beratungs- und Interessenvertretungsarbeit?

Prof. Claus Oetter: Im VDMA Software und Digitalisierung sind es eigentlich zwei wesentliche Stoßrichtungen: Zum einen geht es um Unterstützung bei technologischen Entscheidungen und Weichenstellungen für eine erfolgreiche Aufstellung der KMUs in einer digitalen Welt. In diesem Kontext betrachten wir auch den kulturellen Wandel und die Anpassungen der Prozesse in den Unternehmen. Zum anderen geht es darum, die politischen Entscheidungen zu begleiten, um sicherzustellen, dass gerade die Sichtweise auf die Bedürfnisse der KMUs nicht zu kurz kommen.

Abschließend gefragt: Welchen dringenden Rat würden Sie Unternehmen geben und welche Wünsche bzw. Forderungen haben Sie an die Politik, damit die digitale Transformation in Deutschland erfolgreich gelingt?

Prof. Claus Oetter: Mein dringendster Rat an die Unternehmen ist, die Digitalisierung vom Kunden her zu denken. Technologien sind kein Selbstzweck und die Produktion bis auf den letzten Winkel zu digitalisieren muss gut überlegt werden. Viel wichtiger ist es, die Anforderungen des Kunden und des Marktes zu analysieren um hieraus abgeleitet Digitalisierungsmaßnahmen einzuleiten. Geschäftsmodelle sollten überprüft und gegebenenfalls um datengetriebene Geschäftsmodelle ergänzt werden. Die Maßnahmen der Politik sollten technologieneutral erfolgen. Rahmen und Fahrpläne können festgelegt werden, aber die Entscheidung über das „wie“ soll bitte den Spezialistinnen und Spezialisten aus der Industrie überlassen werden.

Herr Prof. Oetter, vielen Dank für dieses sehr passende Schlusswort und Ihnen alles Gute!

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